Surf Forecast lesen Titelbild

Surf-Forecast lesen: Infos & Tipps (2024)

Mithilfe von Surf-Forecasts kann man heutzutage ziemlich genau wissen, wie die Bedingungen in den nächsten Tagen an einem bestimmten Spot sein werden.

The swell models can be 100% confident in a particular scenario but that isn’t the same as an absolute certainty of the future.

Magicseaweed zum Thema Verlässlichkeit des Forecasts

Während aber die Computer, die die Vorhersage-Modelle durchrechnen, immer besser und die Modelle selbst laufend optimiert und damit komplexer (realitätsnäher) werden, sind die Sternebewertungen gängiger Surf-Forecastseiten völlig unterkomplex. Hier erfährst du, welche Kennzahlen wirklich wichtig sind und wie man einen Surf-Forecast effektiv liest.

Surf-Forecast lesen: Ein langperiodischer Swell trifft auf ein flaches Riff
Alles dabei: Relativ lange Periode, starker Offshore und ein Swellwinkel für extra Tempo

Was ist ein Surf-Forecast?

Ein Surf-Forecast ist die Vorhersage der für das Surfen relevanten Daten an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Gegenüber dem Wetterbericht, der den Zustand der Atmosphäre (bestimmter Ort/Zeit) beschreibt, kommt also noch eine Dimension dazu, eine entscheidende: Wie sind die Wellen zu diesem Zeitpunkt?

Surf-Forecast lesen: Unser Länder-Kalender zum Ausdrucken

Die gängigen Surf-Forecasts beantworten diese Frage mit einer Tabelle, in der die wichtigsten Faktoren aufgeführt werden:

  • Periode des Swells
  • Swellrichtung
  • Wellengröße (Dünung)
  • Windstärke und Richtung
  • Brandung
  • sekundärer, tertiärer Swell
  • Gezeiten
  • Bewertung in Sternen
  • Energie der Wellen (nur bei surf-forecast.com)
Surf-Forecast lesen: Eine Tagesübersicht für den Spot Otur.
Der Forecast von MSW in der Tagesansicht für Freitag den 7. Februar 2020. / Screenshot von magicseaweed.com

Surf-Forecast lesen mit Magicseaweed

Am Einfachsten liest man einen Forecast, indem man sich Schritt für Schritt die verschiedenen Parameter anschaut.

Allerdings werden die super cleanen Tabellen (vor allem in der App) der Komplexität des Themas nicht wirklich gerecht. Im Anschluss an die kurzen Erläuterungen der Zahlen, Begriffe und Pfeile werde ich daher noch etwas tiefer in die Materie einsteigen.

Und wer sich intensiver mit Wellenvorhersagen beschäftigen möchte, darf sich gerne erstmal mit der Entstehung von Wellen beschäftigen. Das hilft enorm, wenn man einen Swell-Forecast nicht nur als Orakel hinnehmen möchte. Falls dir das aber reicht, gibt es hier die Übersetzungshilfe.

Los geht’s: Forecast öffnen

Gehe auf magicseaweed.com und suche nach dem Strand, der dich interessiert. Wir schauen uns hier den Playa de Otur in Asturien an. Scroll dann ein bisschen nach unten, bis du bei der Tagesansicht bist. Wenn du die App nutzt, öffnest du einfach einen Tag.

Surf-Forecast lesen: Schritt eins: die Seite öffnen und zu den Tagesdetailansichten scrollen.
Forecast für Otur am Samstag, den 9.02.2020. Links die Uhrzeiten, unten die Gezeiten. / Screenshot von magicseaweed.com

Die Periode

Die Periode gibt die Wellenlänge an. Das ist die Zeit, die eine Welle braucht, um vollständig einen bestimmten Punkt zu passieren.

Auch richtig und verständlicher: Die Periode ist die Zeit zwischen zwei Wellen. Ein Swell besteht aber aus vielen Wellen mit unterschiedlicher Periode. Die Angabe der Periode in Surf-Forecasts meint die Peak Periode, also die längsten Wellen des Swells. Wie auch immer, die Periode ist die wichtigste Kennzahl, die wir haben.

Surf-Forecast lesen: Die Swell Periode
Gelb markiert: Die Periode des Swells. Ab 12 Sekunden spricht man von Groundswell. / Screenshot von magicseaweed.com

Die Periode gibt einen ersten Eindruck von der Natur des Swells, mit dem wir es zu tun haben:

Perioden bis 7 Sekunden sind praktisch unsurfbar. Kleine, kurze Windwellen die durcheinanderlaufen, wenig Energie haben (als einzelne Welle) und meistens den Sturm, dem sie entstammen, noch im Gepäck haben.

Zwischen 7 und 11 Sekunden spricht man von Windswell: Die Wellen sind in einem Sturm nahe der Küste entstanden und bringen denselben oft auch noch mit. Weil kurze Wellen steiler sind (wir reden über den ungebrochen Zustand), verlieren sie beim Eintritt in flaches Wasser mehr Energie als längere Wellen und brechen früher. Solche Wellen sind eigentlich nur mit Offshore genießbar. Wobei ein riesen Unterschied zwischen 7 und 11 Sekunden besteht! Das mit dem Offshore heißt aber auch, dass die Wellenmaschine schnell wieder aus ist, denn es war ja der Sturm und der Onshore, der die Wellen produziert hat. Windswells, die vor allem im Mittelmeer und in anderen Regionen mit beschränktem Platz eine Rolle im Daily Life der Surfer haben, dauern daher selten länger als 12 Stunden an.

Ab 12 Sekunden sprechen wir von einem Groundswell. In der Regel ist der Swell dann in einem Tief weit vor der Küste entstanden und mehrere Tage gereist. Auf dieser Reise haben sich die Wellen sortiert und einige kleine sind auf der Strecke geblieben. Die Wellen, die ankommen, haben eine Menge mehr Energie als kurzperiodische Wellen, brechen später und damit steiler und schneller, biegen sich mehr um Points und Sandbänke und sind nicht so anfällig für Onshore. Aus diesen Gründen können Wellen mit großer Periode beim Brechen auf das mehrfache ihrer Größe (Dünung) anwachsen. Groundswells versprechen außerdem Wellen für wenigstens 24 Stunden.

In unserem Fall (siehe Markierung) oszilliert die Periode zwischen 13 und 14 Sekunden. Hier haben sich die Wellen also nicht so klar sortiert, oder es handelt sich um mehrere Swells. Um das genauer zu bewerten schauen wir uns die weiteren Angaben an.

Die Dünung (Wellengröße oder auch Swellgröße)

Die Dünung oder Wellengröße bezeichnet die Höhendifferenz zwischen Wellenkam und Wellental (Reisender Swell, nicht die Brandung). Zusammen mit der Periode gibt die Wellengröße eine Ahnung von der tatsächlichen Größe der brechenden Welle. Wie bei der Periode gilt auch hier: Ein Swell, viele Wellengrößen. Um trotzdem einen Wert angeben zu können, wird der Mittelwert aus dem größten Drittel der Wellen gebildet.

Das ist schon deshalb sinnvoll, weil uns ja vor allem die Setwellen, also die Wellen mit langer Periode interessieren. Es ist aber auch sinnvoll im Kopf zu behalten, dass durchaus auch größere Wellen unterwegs sind. Eine Faustformel um die größten Wellen zu berechnen ist 1,5  x Dünung. Vorsicht: Die Swellgröße wird auch oft in Fuß angegeben.

Surf-Forecast lesen: Die Swellgröße bezeihungsweise die Größe der Wellen in einem reisenden Swell.
Die Definition der Wellengröße geht auf die Notwendigkeit zurück, eine Wellengröße in einem vielfältigen Swell anzugeben. Ein geübter Betrachter, so die Annahme, bildet einen Mittelwert aus den größten Wellen und vernachlässigt die kleineren. / Screenshot von magicseaweed.com

Am Playa de Otur sollen also am Samstag um 12 Uhr mittags Sets mit einer Periode von 14 Sekunden und einer Durchschnittsgröße von 1,6m ankommen. Das ist schon mal ziemlich ordentlich für einen Beachbreak.

Swellrichtung

Die Richtung des Swells wird mit einem kleinen Pfeil angegeben. Sie ist ganz entscheidend, denn die Wellen müssen den Spot ja erreichen. Schon kleine Unterschiede in der Swellrichtung können einen großen Unterschied für die Wellengröße aber auch die Brechung der Wellen bedeuten.

Swell-Forecast lesen: Die Swellrichtung
Die Swellrichtung wird als Pfeil angezeigt. Wenn man über den Pfeil fährt, wird die genaue Gradzahl, aus der die Wellen komen, angezeigt. / Screenshot von magicseaweed.com

In Otur kommt der Swell am Samstag also aus Nordwesten. Wenn man mit der Maus über den Pfeil hoovert, wird einem die genaue Gradzahl angezeigt – und siehe da, ziemlich genau NW (314°). MSW stellt (wenn verfügbar) die Spotinformationen des Stormrider Surfguides bereit. Hier sieht man auch das Swellfenster für den jeweiligen Break.

Surf-Forecast lesen: Die Swellrchtung am Beispiel von Otur.
Die ungefähre Richtung des Swells. Durch die Landzunge ist Otur etwas geschützt. In diesem Fall erwartet das Modell, dass der Swell sich dank der hohen Periode in die Bucht dreht.

Die Swellrichtung ist nicht ideal. Besser wäre, er käme etwas nördlicher. Weil aber die Periode relativ lang ist, wird der Swell auch so in Otur ankommen. Die Wellen bremsen an der Landzunge ab und laufen in der Bucht mit gleicher Geschwindigkeit weiter. Als würde man die Räder an einem Auto nur auf einer Seite abbremsen drehen sich die Wellen so in die Bucht hinein. Sie werden aber dadurch mutmaßlich etwas kleiner brechen, als in einem klaren Nordswell.

Brandung / Wellengröße

Wie groß sind die Wellen, wenn sie brechen? Diese Angabe springt einem sofort ins Auge und es ist ja auch die wichtigste Information für uns, wenn wir entscheiden, wo wir surfen wollen. Trotzdem wären wir in vielen Fällen besser dran, wenn die Brandung nicht mit im Forecast stünde. Weil wir die Wellengröße sofort im Hintergrund abspeichern, sogar wenn wir schon wissen, dass der Forecast in diesem Detail an manchen Stränden notorisch unsicher ist.

Wie bei der Swellgröße bezeichnet die Wellengröße die Differenz von Wellental bis zum Kamm vor der Welle. Auf Grund des Brechungsverhaltens kann das manchmal das 5fache des hinter der Welle gemessenes Wertes sein. Und weil Understatement der ultimative Ausdruck des Angebens ist, kommt es oft zu Missverständnissem, besonders in Frankreich und Spanien.

MSW brechnet die wahrscheinliche Wellengröße aus

  • der Swellgröße
  • der Periode
  • der Swellrichtung

nicht berücksichtigt werden

  • der Einfluss der Gezeiten
  • die lokale Bathymetrie → steigt der Untergrund plötzlich an?
  • der Wind → Offshore lässt die Wellen später und größer brechen
Surf-Forecast lesen: Die Wellengröße
Die Brandungshöhe ist recht prominent im Forecast platziert, dabei gehört sie zu den am Schwierigsten vorherzusagenden Werten und ist oft ungenau oder falsch. / Screenshot von magicseaweed.com

In unserem Forecast sind die Wellen erst mit 0,4 – 0,6 m angegeben und steigen dann auf 1 – 1,6 m. Würde das exakt stimmen, wären das erst sehr gute Anfängerwellen und gegen neun Uhr morgens gute Wellen für Fortgeschrittene.

🌍 Tipp: Mache einen Screenshot des Forecasts und gleiche die Wellengröße mit deinen Beobachtungen ab. Warum die Wellengröße in Forecasts sehr unzuverlässig ist, bespreche ich später im Text noch ausführlicher.

Wind

Die lokalen Windverhältnisse können einen perfekten Swell in Minuten zerstören – oder einen durchschnittlichen Windswell in überraschend cleane und perfekte Linien sortieren.

MSW gibt zwei Windgeschwindigkeiten an, die Ständige (große Zahl, meist der Mittelwert aus einer 10 minütigen Messung) und Böen (klein). Auch wenn es verlockend ist, sollten die Böen nicht ignoriert werden, sie spielen durchaus eine Rolle. Außerdem wird mit einem kleinen Pfeil die Windrichtung angegeben. Wenn man über den Pfeil hoovert, sieht man die genaue Windrichtung und die Angabe, ob das On- oder Offshore bedeutet. Zusätzlich wird der Windpfeil durch einen grün, orange oder roten Hintergrund bewertet.

Surf-Forecast lesen: Wind und Windrichtung
Der Wind wird wie die Swellrichtung durch kleine Pfeile angezeigt. Kommen Swell und Wind aus der gleichen Richtung, ist das meist ein schlechtes Zeichen. / Screenshot von magicseaweed.com

Um neun Uhr morgens ist leichter Onshore Wind vorhergesagt, der die Wellen nicht zu sehr beeinflussen sollte.

Offshore Winde sortieren die Wellen, in dem sie kurzperiodische aussortieren. Zusätzlich verzögern sie das Brechen der Wellen, wodurch diese hohler und schneller brechen.

Onshore lässt die Wellen früher brechen und produziert selber noch Kabbelwellen, die beim Surfen nerven.

Sideshore kann in einigen Fällen die Wellen offen halten und hilfreich sein, tendiert aber meist auch dazu entweder leicht offshore oder leicht onshore zu sein.

Ideal ist leichter Offshore Wind ( → 20 km/h), an manchen Spots (Mundaka) auch starker ( → 30 km/h). Zu starker Offshore macht es wesentlich schwerer in die Wellen zu kommen und beeinträchtigt auch das Surfen.

Leichter ( → 10 km/h) Onshore ist an vielen Spots handlebar. Für Aerials sind die in Sections brechenden Wellen und der auflandige Wind sogar hilfreich.

Der lokale Wind ist wie gesagt ganz entscheidend für den Spaß bei einer Session. Die Vorhersage ist wiederum nicht ganz einfach und berücksichtigt lokale Besonderheiten nicht. Verschiedene Spots kommen mit Wind ganz unterschiedlich klar!

Surf-Forecast lesen: Wind und Wellen in Galizien.
Heftiger Wind in der Bucht von Valdovino. Die Wellen brechen beinahe auf den Strand, weil sie so lange offen gehalten werden und auch das Anpaddeln ist ein Blindflug: Manchmal ist der Offshore auch zu stark.

Die Sterne Bewertung

Die bisher besprochenen Faktoren fasst Magicseaweed in einer Bewertung zusammen und vergibt 0 – 5 Sterne. Die Anzahl der blauen und halb-blauen Sterne bewertet Swellgröße und Periode, also die “Power” des Swells. Dann werden die Windbedingungen miteinbezogen. Die nur graduell blauen Sterne stehen dafür: “Wie der Swell wäre, wenn der Wind gut wäre”.

Die Bewertung tendiert dazu, die Wellengröße und die Swellpower zu sehr zu berücksichtigen und den Wind und weitere Faktoren wie sekundäre Swells komplett außen vor zu lassen.

Surf-Forecast lesen: Die Sterne Bewertung.
Viele Sterne, guter Surf? Nicht unbedingt leider… / Screenshot von magicseaweed.com

Auch lokale Besonderheiten und speziell die maximale Wellengröße für einen Swell werden nicht berücksichtigt. Ziemlich viele Tage mit 5-Sterne Deluxe Bewertung sind vor Ort völlig verblasene Maxed-Out-Bedingungen.

Sekundäre und Tertiäre Swells

Ganz wichtig für die Vorhersage der Bedingungen ist es, mögliche zusätzliche Swells zu berücksichtigen. Gerade im Winter, wenn viele Tiefs über dem Atlantik wandern, ist es eher selten, dass nur ein einziger Swell an einem Spot ankommt. MSW wählt immer den vermeintlich größten Swell aus und berechnet auf dieser Grundlage auch die Wellengröße und die Sterne. Tatsächlich sind die anderen Swells deshalb aber nicht weniger präsent.

Swell-Forecast lesen: Der sekundäre Swell
Die weiteren Swells, die sich vor allem in den Wellenaktiven Zeiten über dem Atlantik bilden, gehen oft in Vergessenheit. / Screenshot von magicseaweed.com

In unserem Beispiel haben wir als sekundären Swell einen Nordswell mit (mittags) 80cm Dünung und etwa 13 Sekunden Periode. Die Richtung der beiden Swells ist fast so unterschiedlich, wie es für Otur nur geht. In der Praxis heißt das, dass permanent Wellen aus verschiedenen Richtungen kommen. Das ist nicht so toll um rauszupaddeln und auch für die Wellen nicht so gut. Während der leichte Onshore an sich kein Problem ist, wird er unter diesen Umständen aber nicht verhindern können, dass die Brandung groß und unorganisiert ist.

Fazit: Ich schätze die Bedingungen entgegen der vier Sterne Bewertung eher durchwachsen ein. Die beiden Swells interferieren ungünstig und es ist auch wahrscheinlich, das noch mehr Windswell unterwegs ist. In dem Fall bräuchten wir Offshore für cleane Bedingungen.

Die Gezeiten

Ebbe und Flut haben offensichtlich einen großen Einfluss auf die Wellen. Nach der Faustregel, wonach Wellen in etwa dann brechen, wenn die Wassertiefe 1,3 x Wellenhöhe unterschreitet, folgt, dass einige Spots bei High Tide einfach nicht mehr brechen. Tatsächlich bevorzugen eine ganze Reihe von Spots die niedrigen Wasserstände. Andere aber sind nur bei Hightide sicher zu surfen oder sogar nur bei Springfluten.

Surf-Forecast lesen: Die Gezeiten
Die Gezeiten für Otur werden für das 20km entfernte Luarca kalkuliert. / Screenshot von magicseaweed.com

Auch Otur ist besser bei niedrigerem Wasserstand. Ein kurzer Blick auf die Tiden reicht, um zu sehen, dass am 08.02. nur der Vormittag zum Surfen in Frage kommt, weil es zur zweiten Lowtide schon dunkel wird.

Die Tiden variieren weltweit stark und auch innerhalb Europas gibt es Regionen (etwa die Bretagne), in denen der Unterschied zwischen Ebbe und Flut bis zu 7m betragen kann.

Während der Einfluss des Wasserstands unbestritten ist, ist vielen Surfern nicht ganz klar, dass es sich auch bei den Gezeiten nur um eine Prognose handelt. Zwar beruhen die Berechnungen auf Astronomie und es ist ohne weiteres möglich einen Tidenkalender für das Jahr 2050 zu erstellen. Aber auch hier spielen lokale Faktoren wie enge Buchten, Winde und der Luftdruck eine Rolle, so dass erstens die Wasserstände nicht absolut genau prophezeit werden können und auch die Uhrzeiten durchaus mal um eine halbe Stunde danebenliegen. Außerdem sind die Tidenangaben immer für einen nahegelegenen Hafen. 

Unterschiede bei anderen Surf-Forecast Seiten:

Für Europa sind im Wesentlichen neben magicseaweed noch zwei weitere Seiten interessant, nämlich surf-forecast.com und windguru.cz.

Der Forecast von Surf-Forecast

Bei diesem Forecast ist die Tabelle anders herum angeordnet. Außerdem wird noch ein Chart mit den Wellenhöhen eingeblendet und eine stilisierte Welle für den Energiegehalt. Während die Energie in kJ den meisten Surfen nicht viel sagt, ist sie eine gute Möglichkeit, um ungefähr abzuschätzen, ob der Swell an einem bestimmten Strand funktionieren wird.

Surf-Forecast lesen: Der Forecast von surf-forecast
Der Forecast von surf-forecast wirkt etwas unübersichtlich, hat aber mit dem Energiewert ein ganz gutes Tool, um die Wellen abzuschätzen. / Screenshot von surf-forecast.com

Wellen ab 100 kJ sind oft gerade so surfbar – an bestimmten Spots wie dem Playa de Vega in Asturien oder in Bidart bei Hossegor. 200 – 2000 kJ ist ganz grob der Bereich, der die guten Wellengrößen abdeckt. Von 1000 kJ bis 5000 kJ wird es heftig und nur noch wenige Spots funktionieren überhaupt noch.

Surf-Forecast lesen: Der Forecast für diese Woche ist massiv, speziell für Nazaré
Forecast für Nazaré, 8 – 12.02.2020. Der Forecast ist massiv, in Nazaré wird die Energie der Wellen durch einen Tiefwassergraben kanalisiert und entlädt sich auf einer Sandbank vor einer spektakulären Klippe. / Screenshot von surf-forecast.com

Ich denke es wird deutlich, wie abstrus die Sternebewertungen sind. Am Dienstag morgen wird niemand ohne Jetski im Wasser sein. Und die größten Wellen werden wahrscheinlich um die 20m (60 Fuß) haben.

Update: Die WSL hat Green Alert für ihren neuen Tow-In Big Wave Contest gegeben und spricht von potenziellen Weltrekordwellen für diesen Tag.

Tipp: → Notiere dir an einem guten Tag immer den Energiewert. Wenn der Wind passt und das Modell keine groben Schnitzer macht, dann kannst du für diesen Energiewert an einem speziellen Strand davon ausgehen, dass die Wellen wieder gut sind (unter der Voraussetzung, dass Wind und sekundäre Swells dir gewogen sind…).

Der Forecast von Windguru

Windguru ist die erste Adresse für Windinformationen im Netz. Da sich hier vor allem Windurfer und Kiteboarder informieren, werden auch die Swelldaten ausgegeben. Windguru wirkt auf den ersten Blick etwas unübersichtlich, hat aber auch Vorteile. Während die beiden dezidierten Surf-forecaster nur maximal sieben Tage anzeigen und danach auf ihre Pro-Mitgliedschaften verweisen, bekommt man bei Windguru eine Wellenvorhersage für 14 Tage. Allerdings ist eine so weit in die Zukunft reichende Prognose natürlich besonders anfällig für Fehler.

Surf-Forecast lesen: Der Forecast von Windguru
Der Forecast von Windguru ist weniger aufbereitet und liefert keine Interpretation der Daten. Was durchaus manchmal gut ist! / Screenshot von windguru.cz

Probleme mit Wave Forecasts

Um den zukünftigen Zustand der Atmosphäre – und darum geht es im Grunde bei Wettervorhersagen – vorherzusagen, nutzen Computer Ausgangsdaten (Im Wesentlichen Druckdiagramme) und rechnen verschiedene Varianten durch. Wo entstehen Tiefdruckgebiete? Wie verhalten sie sich? Tools wie Magicseaweed oder Surf-Forecast liefern dann die Ergebnisse dieser Modelle als hübsche Charts und Tabelle mit Wellengröße und Periode etc. aus. Dabei handelt es sich eigentlich um Rohdaten. Die Interpretation dieser Daten erfordert vor allem Wissen über die lokalen Gegebenheiten, aber auch über die Modelle an sich, denn einige der Fallstricke haben systemische Ursachen.

Zuverlässigkeit

Grundsätzlich hilft es, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass es sich bei einer Swellvorhersage für die nächste Woche nicht um einen Regenradar für die nächste Stunde handelt. Für die Vorhersage der relevanten Tiefdruckgebiete rechnen die Computer der Forecast Seiten bis zu zwanzig verschiedene Modelle durch. Je mehr dieser Modelle ein ähnliches Szenario prophezeien, desto wahrscheinlicher ist diese Vorhersage. Trotzdem sind einfach zu viele Unwägbarkeiten im Spiel, um verlässlich konkrete Vorhersagen zu machen.

Wenn wir wissen, dass Swell, der zwischen Island und Grönland entsteht, mindestens 3,5 Tage bis Peniche braucht, können wir davon ausgehen, dass eine Vorhersage für in drei Tagen recht wahrscheinlich ist – was die Wellen angeht. Der Wind ist zu diesem Zeitpunkt meist noch recht variabel, je nachdem wie stabil das Wettersystem in Portugal gerade ist. Gehen wir aber noch weiter in die Zukunft, dann wird schon die Existenz eines Swells zur reinen Vermutung.

Swellrichtungsproblem

Aus welchem Grund auch immer – MSW neigt dazu, einen Swell, der sich aufgrund der langen Periode der Wellen in eine Bucht hineindreht, obwohl der Winkel eigentlich nicht ganz passt, dennoch mit einem gerade noch im Swellfenster liegenden Winkel anzugeben. Das ist höchst verwirrend.

Surf-Forecast lesen: Das Problem mit der Swell-Richtung
Der Swell wird als Nordwest Swell deklariert. Dabei kommt er eigentlich aus Westen und die NW-Richtung ist eine Vorhersage der Refraction. / Screenshot von magicseaweed.com

In Wirklichkeit handelte es sich nämlich um einen ziemlich reinen Westswell, der dann leicht auf WNW drehte. Auf der Seite konnte man das gut sehen, wenn man vom originalen Modell auf das neue Proteus Global Modell wechselt.

Surf-Forecast lesen: Die verschiedenen Modelle von magicseaweed
Das grobere Tool für die globalen Swells gibt die Swellrichtung deutlich westlicher an. / Screenshot von magicseaweed.com

Problem des Hauptswells

Für die Prognose der Wellengröße und der Qualität der Bedingungen wird ein Swell prominent als Primärer Swell gefeatured. Dabei geht leicht in Vergessenheit, dass noch weitere Swells unterwegs sein können. Verschiedene Swellrichtungen und schwabbelige Windswells sind häufige Gründe für die Ruinierung vielversprechender Bedingungen. Dazu kommt, dass viele Vorhersagen dazu tendieren, die Periode zu gering zu gewichten und die Swellgröße zu hoch.

Nicht selten versteckt sich ein langperiodischer Swell als sekundärer oder tertiärer Swell, weil die Größe der Wellen nur einen Fuß misst. Im Kern liegt das daran, dass Wellenvorhersage Modelle nicht für Surfer entwickelt wurden, sondern für das Militär und die kommerzielle Schifffahrt. Und die sind nicht so sehr an den langperiodischen Wellen interessiert, die harmlos und flach unter den Boten durchlaufen, sondern an den großen, steilen Brechern. Wir kommen darauf zurück beim Periodenproblem. In jedem Fall lohnt es sich, auch den sekundären und tertiären Swell zu betrachten.

In diesem Fall sagte der Forecast voraus, dass es keine Wellen haben würde. Der primäre Swell war ein Windswell mit kurzer Periode. Offenbar stimmte das aber nicht, das glatte Wasser im Hintergrund und die plötzliche Aufbäumung der Wellen deuten eher auf einen sehr langperiodischen kleinen Swell hin, denn das Modell schlicht übersehen hat.

Surf-Forecast lesen: Das Problem mit den versteckten Swells.
Roca Puta in einem kleinen aber cleanen Swell, den der Forecast als nachrangig deklariert/ignoriert hat.

Periodenproblem

Wie eben angesprochen, wird die Bedeutung der Periode selbst von etablierten Tools gerne vernachlässigt.

Die Periode in Forecasts gibt die Spitzenperiode des Swells an. Bei einem ordentlichen Groundswell in Europa sind das 13 -18 Sekunden. Die längsten und schnellsten Wellen treffen zuerst an der Küste ein. Erkennen kann man einen neuen Swell an den klaren Linien, der Refraction (wie sie sich in eine Bucht oder um ein Riff biegen) und nicht zuletzt an der Power, die sie haben. Und während 12 Sekunden Wellen oft etwa so groß brechen, wie auch ihre Größe auf dem Meer war (also die Swellgröße) können 16 Sekunden Wellen sich an einigen Spots auf die bis zu 5-fache Swellgröße hochschrauben.

Die Bedeutung der Periode für einen bestimmten Strand lässt sich nicht modellieren. Man muss sie wissen. Wenn ein Spot als Swellmagnet gilt, dann meist, weil er noch die kleinsten Swells (aber: lange Periode) zu surfbaren Wellen formt.

  • Wellen mit langer Periode brechen später und größer
  • Fokussieren besser 
  • haben mehr Power
  • werden unterschätzt, weil sie oft klein sind, solange sie reisen

→ Tipp: Der Stormrider Surfguide Europe empfiehlt gerne Spots für “kleine Swells”. Damit sind kleine Wellengrößen gemeint, meist aber in Kombination mit einem sauberen Groundswell. Intuitiv würde ich das eher einen “großen Swell mit kleiner Amplitude/Wellenhöhe nennen.”

Rasterproblem

Um überhaupt mit der Masse an Daten zurechtzukommen, vereinfachen Modelle die Realität. Für Surf-Forecasts wird die Erdoberfläche in Raster aufgeteilt, je nach Lage auf der Kugel sind die bis zu 60 mal 60 Kilometer groß. Im Grunde ist das eine gute Idee, im Einzelfall kann es aber zu Fehlern kommen. So fallen beispielsweise kleine vorgelagerte Inseln oft durch das Raster und blocken dann den vorhergesagten Swell.

Wegen der Raster haben nahe beieinander liegende Spots meist den gleichen Forecast. Unterschiede in der Wellengröße oder der Bewertung gehen dann ausschließlich auf das Swellfenster der Bucht zurück – und hier haben die Modelle oft Schwächen.

Auch für lokale Winde und andere Besonderheiten von Spots ist diese Rastervereinfachung blind.

→ Tipp: Wenn du dir den Forecast für einen bestimmten Spot anschaust, weil du dich für einen nicht gelisteten in der Nähe interessierst, achte unbedingt auf ein passendes Swellfenster und gehe dann von den Swelldaten aus. Ignoriere also die Brandung und die Sterne!

Seabreeze-Problem

Ein leidiges Phänomen, jedenfalls für Surfer, ist die Seebrise (englisch: Seabreeze). Dabei handelt es sich um einen lokalen Wind, der auf Grund des Temperaturunterschieds von Land und Wasser nachts und morgens ablandig bläst und tagsüber auflandig. Obschon die Seebrise ziemlich leicht zu verstehen ist und an vielen Orten auch zuverlässig bläst, neigen Forecasts dazu sie zu unterschätzen.

Folgendes passiert: Weil Wasser Wärme besser speichert als Land, ist die Wassertemperatur nachts und morgens vielerorts höher, als die Lufttemperatur über Land. Die Luft über dem Wasser steigt also auf. Und die Landluft drückt nach. Der Wind bläst Offshore. Tagsüber wärmt sich das Land schnell auf und der Effekt kehrt sich um. Wann und Ob die Seebrise einsetzt variiert oft, aber das grundsätzliche Phänomen begleitet die Monate Mai bis August an vielen europäischen Surforten. Besonders prägnant ist es in Südwestfrankreich.

Das Ganze spielt sich aber auf einem sehr schmalen Küstenstreifen ab. Der Wind ist manchmal nur 5 Kilometer weit auf den Ozean zu messen. Und Windmodelle können die Seabreeze nur theoretisch berücksichtigen. In der Praxis ist daher vor allem am Nachmittag oft stärkerer Wind als vorhergesagt. Am stärksten ist der Effekt im späten Frühling, wenn die Unterschiede zwischen Tag- und Nachttemperaturen besonders hoch sind und das Wasser noch sehr kalt.

Forecast-Tipps

Nimm den Forecast nicht als unumstößliche Prophezeiung. Das gilt insbesondere für relativ langfristige Vorhersagen, aber sogar für einige Livedaten. Zwar stimmen die Periode und die Swellgröße für in zwei Stunden fast immer (dann haben die Wellen schon eine küstennahe Messboje passiert), wie groß die Wellen aber brechen, weißt du nur, wenn du da bist. Und auch der Wind ist selten direkt an deinem Spot gemessen worden. Vertraue also deinen Augen und deinem Wissen. Wenn es damit nicht so weit her ist, dann lies doch noch mal den Text zur Wellenkunde. Oder kauf dir ein gutes Buch zum Thema.

  • die Wichtigsten Kennzahlen sind Swellperiode und Größe
  • die Sterne sind eher irritierend
  • die Windrichtung ist besonders wichtig, aber auch schwer vorherzusagen: Check sie am Besten bei windguru
  • Vorsicht vor versteckten Swells!
  • Notiere dir den Forecast bei guten Bedingungen
  • Schau dir so oft es geht die tatsächlichen Bedingungen an Spots an
  • Tausche dich mit anderen Surfern aus
  • Vertraue deinen Augen und deiner Erfahrung

Pressure Chart lesen

Wind ist alles und alles ist Wind. Um einen Surf-forecast wirklich zu verstehen, ergibt es Sinn, sich hin und wieder die aktuellen und vorhergesagten Pressure Charts anzuschauen. Ein Pressure Chart verbindet Bereiche gleichen Luftdrucks mit Linien. Diese liegen dann um Tief- und Hochdruckgebiete. Je enger die Linien (Isobaren) zusammen liegen, desto größer ist das Druckgefälle. Und damit auch die Windgeschwindigkeiten. Und große Windgeschwindigkeiten bedeuten große Wellen.

Surf-Forcast lesen: Pressure Charts verstehen
Ein Pressure Chart mit mehreren Tiefs über dem Nordatlantik und ordentlich Wellenpotential. / Screenshot von magicseaweed.com

Alle weiteren grafischen Charts und die Wellenvorhersagen sind nur Übersetzungen und Ableitungen dieser Pressure Charts – so lange, bis die Wellen irgendwann tatsächlich eine Wellenboje passieren und gemessen werden.

Luca Brück

Luca ist ein Tee trinkender Surfrabauke aus dem Schwarzwald. Seine Brötchen, den Tee und die Surfboards verdient er als Journalist und Blogger. Aktuell lebt und schreibt Luca in Essen im Ruhrgebiet.

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