Als die ersten Clips mit massiver Reichweite durch das Netz waberten, 2016 ungefähr, ahnten die meisten SurferInnen: Da kommt was auf uns zu. Der hawaiianische Allround Waterman Kai Lenny war da zu sehen, wie er mit einem Foil Surfboard eine Welle nach der anderen abritt, immer wieder ins Line-Up zurück pumpte um nahtlos die nächste Welle zu nehmen.
Während das Foilen das Kite- und Windsurfen massiv umgekrempelt hat und sogar mit dem Wing-Surfen eine neue Sportart auf dem Wasser begründet, ist auch 2021 noch nicht ganz klar, ob auch Hydrofoil Surfboards wirklich eine Zukunft haben.
Alles zu Hydrofoil Surfboards
Warum Hydrofoilen?
Der blaue Planet, er wird immer blauer. Während nur einige Regionen und Küsten sich wirklich gut zum Surfen eignen, vergrößern Hydrofoil Surfboards das Spielfeld, plötzlich braucht man nicht mehr als ein paar handbreit Wasser unter dem Flügel. Man kann nämlich mit etwas Übung auch ohne Wellen Foilen – das macht Hydrofoil Surfboards zu einem attraktiven Trainingsgerät für uns landlocked Surfer.
Aber auch im Meer werden die Foils immer öfter gesichtet. Mit einem Foil kann man Wellen surfen, die gar nicht brechen, man kann vormals unüberwindbare Sections umfahren und man ist generell deutlich mobiler. Einige Regionen sind zu echten Foildestinationen geworden: Hawaii etwa. Denn hier gibt es etliche Spots, an denen man reisenden Swell surfen kann oder Wellen weit vor der Küste, die über einer Untiefe nur kurz anbrechen.
→ Thementaucher: Wie Wellen entstehen und brechen
Das Foil ist in Teilen eine Antwort auf Crowds, und im Umkehrschluss eine weitere Eskalationsstufe des Wahnsinns im Wasser.
Welche Unterschiede gibt es?
Hydrofoil Surfboards
Meistens gemeint unter dem Oberbegriff Foilsurfing in Bezug auf das Wellenreiten sind Hydrofoils zum Surfen. Das Board ist dabei so klein, wie der Take-Off es zulässt. Anfangs wurden oft Boards umgewidmet, aber das ist nicht so eine gute Idee: Der Schaumstoff muss für das Hydrofoilen ganz anders verteilt sein und auch die Unterseite ist speziell designed: Einerseits um den Mast des Hydrofoils aufzunehmen, andererseits um sich schneller aus dem Wasser zu heben.
- Gender: Unisex
Elektro Hydrofoil
Eine Spielerei, noch. Denn Preise um die 5000 Euro stellen noch eine Weile sicher, dass die E-Surfboards nicht im Wasser um die Surfer kurven, wie E-Rollerfahrer auf den Bürgersteigen. Durch den Motor kann man bei einem konstanten Speed übers Wasser gleiten, wobei man für das Foilen schon um die 25 Km/h draufpacken muss. Dadurch kann man sich deutlich mehr auf das Gleichgewicht und das Steuern des Boards konzentrieren. Zwei Dinge, die sonst nur bei guten Wellen im Meer trainiert werden. Und jeder in Frankreich angelernte Surfer weiß: Der Atlantik macht dich zu einem Paddeltier, aber Surfen lernt man nur im Stehen.
Andererseits fällt auch ein Hauptvorteil der Hydrofoils weg, denn der Trainingseffekt ist natürlich ohne Pumping deutlich vermindert.
Lake Foils / Pumpfoils
Ein Aspekt, der genuin für das Foilen spricht: Man braucht die Welle nicht. Und das Foilen (ohne Windunterstützung) auf Flüssen und Seen sieht zwar auch eher albern aus, aber es fühlt sich nicht unbedingt so an. Anders als die Paddeleinheiten mit dem Shortboard, die manche verzweifelt Salzsüchtigen sich geben.
Man kann mit Hydrofoil-Surfboards also auch auf stillen Gewässern surfen. Oder wie man das nennen möchte. Das Gute: Hydrofoilen ist ein unglaublich effektives Trainingsgerät. Beine, Rücken, Arme, alles ist in Bewegung und muss gleichzeitig stabilisieren. Der Effekt ist ein Ganz-Körper-Workout, das man sonst nur mit Hanteltraining auf einem Pezziball nachahmen kann.
Tow-in Hydrofoils
Die ersten Hydrofoils waren tatsächlich Wakeboard-Varianten. Die Surfer ließen sich also hinter ein Motorboot ziehen und kamen dann aus dem Wasser. Auch beim Wellenreiten waren es wieder die Tow-In-Guys, die als erstes Hydrofoils ausprobierten und hier entwickelte sich die Sportart auch am schnellsten. Hydrofoil Surfboards für das Tow-In Surfing brauchen nicht den Foam zum angleiten. Das Design ist also voll auf Gewichtsersparnis und Stabilität ausgelegt. Auch das Hydrofoil begegnet in großen Wellen anderen Herausforderungen: Mehr Geschwindigkeit erfordert mehr Stabilität, dafür braucht man weniger Auftrieb.
Was kostet das Ganze?
Die Kosten für die Foil-Ausrüstung setzen sich so zusammen:
- Das Hydrofoil: ca. 1000 Euro inkl. Packtasche
- Das passende Board: ca. 500 bis 800 Euro
- Evtl. Wing: ca. 400 bis 800 Euro
Welche Probleme gibt es?
Packmaß und das Techgerödel
Surfen ist eine sehr reduzierte Sportart: Du, dein Board und der Ozean. Und auch, wenn das nie die ganze Wahrheit war, mit dem Hydrofoil wird jedenfalls eine Grenze überschritten. Vor jeder Session müssen die Teile zusammengesteckt und sorgfältig verschraubt werden, und nach dem Surf das Ganze retour, egal, wie klamm die Finger sind. Natürlich ist das Gewöhnungssache, und dank der Stecklösung hält sich der Platzbedarf immer noch in Grenzen.
E-Hydrofoils sind übriges um einiges unhandlicher. Mindestens 20 Kilo bringt das Konstrukt aus wasserdicht verpacktem Riesenakku und Flügel auf die Waage.
→ Das Hydrofoil eignet sich eher nicht als Ergänzung zum normalen Quiver, sondern als Ersatz. Commitment by Gepäckgebühr sozusagen.
Gefahr für sich selbst und andere
Das Wort, das man in diesem Zusammenhang am häufigsten hört, ist wohl razor-sharp. Das passt eigentlich nicht so ganz, denn das tückische ist die Geschwindigkeit in Kombination mit der ausladenden Form und den vielen, nun ja, “scharfen” Kanten. Im Endeffekt egal. Sich selbst kann man mit einem Helm leidlich schützen, aber auch Schnitte an den Händen, Arme und Beine kommen vor.
Schwieriger ist die Sache, wenn man die Wellen mit anderen Wassersportlern teilt, denn auch ein kleiner Schnitt ist dann ein unzumutbares Risiko. Das Hydrofoilen ist einigermaßen anspruchsvoll, Anfänger können es nicht ausreichend kontrollieren (So wie natürlich viele Sportgeräte, zum Problem wird das aber nur, wenn man nicht alleine unterwegs ist).
Andere Wassersportler können auch schlecht einschätzen, wie gut der Foiler sein Board kontrolliert und welche Linie er wählt. Auch die Surf-Etikette kommt an ihre Grenzen: Ist in die Welle Foilen das ultimative Sneaken oder legitim?
Nicht unwahrscheinlich, dass Orte wie Hossegor oder die Algarve das Hydrofoilen an belebten Stränden verbieten. Ähnlich wie beim Kiteboarden und Wellenreiten könnten auch unterschiedliche Zonen ausgezeichnet werden.
Schwer zu lernen
Im Seuchensommer 2020 haben die deutschen ihre Liebe fürs Standup-Paddleboard entdeckt (SUP). Ist nächsten Sommer das Hydrofoil dran? Natürlich gibt es zahlreiche Unterschiede, aber einer ist prävalent: Wenn man auf dem Foil nichts macht, liegt man havariert im Wasser. Es erfordert auch geübten Wassersportlern einiges ab, sich auf dem Foil und über dem Wasser zu halten.
Dass eine Hydrofoil Ausrüstung zum Standardrepertoire aller Küsten bewohnenden Instagrammer gehört, bedeutet gerade deshalb nicht, dass in Zukunft auch die Gelegenheitssurfer und mit zunehmendem Alter besser situierten das Hydrogeraffel mit in den Urlaub schleppen.
Hydrofoils im Vergleich
Hydrofoils für Anfänger
Tipp: Slingshot Hover Glide V3 FSurf
- Gender: Unisex
Pro | Contra |
+ Anfängerfreundlich | – Geschwindigkeit |
+ Wächst mit | |
+ Auftriebsstark | |
+ Shift Fuse |
→ Darauf sollte man achten: Fahrstabilität – wird meist über einen ausladenden Vorderflügel erreicht; Sicherheit – abgerundete Flügelenden sind sinnvoll; Adaptierbarkeit – eine verstellbare Fuselage ergibt Sinn
Hydrofoils für Fortgeschrittene
Tipp: Fanatic Aero 1500
Pro | Contra |
+ Anfängerfreundlich | – mittlerer Speed |
+ Sehr stabil | – recht hoher Preis |
+ Auftriebsstark | |
+ wendig |
→ Darauf sollte man achten: Wendigkeit – Turns können bei auftriebstarken Foils eine Herausforderung sein; Geschwindigkeit – weniger Pumpen, mehr Surfen; Auftrieb; Stabilität
Hydrofoil Surfboard kaufen: Darauf sollte man achten
Das richtige Board
Die Form der Hydrofoils zum Wellenreiten ist an klassische Designs angelegt. JJ Florence surft für sein Youtube-Tagebuch (und man darf annehmen auch unabhängig davon) sogar sein Foilboard mit einer Finne statt Hydrofoil.
Zu gute kommt ihm dabei das enorme Volumen. Obwohl der Shape der Bretter recht kurz ist, braucht man den Foam, um die Wellen überhaupt anpaddeln zu können und aufstehen zu können. Aus dem gleichen Grund sollte das Foil zum Surfen wenig Rocker haben. Pump-Foils haben dagegen recht viel Rocker, weil das ergonomischer ist.
→ Genug Volumen ist entscheidend, außerdem darauf achten, dass die Finbox kompatibel ist mit der Mastaufnahme (Deep Tuttle)
Wie sind Hydrofoils konstruiert?
Front Wing
Der vordere Flügel ist hauptsächlich für den Auftrieb verantwortlich. Je größer, desto mehr! Frühe Versionen waren oft aus dem Kompositmaterial G-10. Mittlerweile sind die Dinger in der Regel aus Carbonfasern und einem Schaumstoffkern. Achte darauf beim Kauf!
Rear Wing
Bei dem hinteren Flügel ist das Gewicht nicht so entscheidend. Warum? Weil sie viel kleiner sind als vorne und deshalb weniger zum Gesamtgewicht beitragen. Dafür müssen die hinteren Flügel aber sehr stabil sein, weil der Verbindungspunkt mit der Fuselage stark belastet wird. Als Material wird meist Carbon-Fiberglas genutzt, hier kann aber auch G-10 verwendet werden.
Mast
Der Mast ist die Verbindung zwischen Board und Hydrofoil. Er muss vor allem eines sein: Stabil. Die meisten Masten sind aus einem Hohlprofil aus Aluminium. Das ist stabil, dafür aber nicht ganz leicht und es kann voll Wasser laufen. Alternativ werden voll Carbonfaser-Masts verwendet, die sind ähnlich schwer, haben aber das Wasserproblem nicht. Dafür sind sie oft nicht ganz so steif, speziell bei sehr langen Masten. Am besten sind Carbonfaserkonstruktionen mit Holzkern, aber auch am teuersten.
Fuselage
Die Verbindung der Flügel und des Masts. Sie muss stabil, aber auch leicht sein. Standard ist die Verwendung von Aluminium. Besser ist meist Carbonfaser verstärkt mit Titanium-Einlagen. Mitunter werden die Carbonfasern auch mit Aluminium verstärkt, dass ist aber nicht zu empfehlen, weil es zu galvanischer Korrosion führt, wenn das Aluminium nicht dagegen geschützt wurde. Weil der Prozess dazu sehr teuer ist, kann man in der Regel davon ausgehen, dass das Aluminium nicht entsprechend geschützt ist (denn sonst hätte man eher Titanium gewählt).
Shape
Komplizierte Sache, eh klar. Wichtig sind vor allem zwei Dinge: Das Aspect-Ratio und die Flügeldicke. Das Aspect-Ratio ist das Verhältnis zwischen der Flügellänge und Breite. Dieses Verhältnis bestimmt wesentlich, welche Eigenschaften das Hydrofoil hat.
Lange und schmale Flügel erzeugen mehr Auftrieb. Sie sind kippstabiler und benötigen weniger Pumping, um über dem Wasser zu bleiben. Als Folge lassen sie sich nicht so gut manövrieren. Kurze, breite Flügel sind wendiger und zum Surfen oft besser geeignet. Das ist der Hauptunterschied zwischen Pump-Foils und Surf-Foils.
Allerdings ist auch das Flügelprofil wichtig. Ein dickes Profil verstärkt den Auftrieb, der Surfer kommt leichter aus dem Wasser. Dafür kann man damit nicht so schnell “fliegen”, denn sonst wird das Foil instabil. Es ist also wichtig, den perfekten Kompromiss zwischen gewünschter Endgeschwindigkeit und genug Auftrieb für den Start zu finden.
Oft gefragt
Hydrofoils sind Flugzeug ähnliche Konstrukte, die mit einem Mast unter das Surfboard montiert werden. Der Auftrieb der Flügel wird dazu genutzt, den Surfer aus dem Wasser zu heben. Dadurch wird der Wasserwiderstand minimiert und Foils können schon in kleinsten Wellen und reisendem Swell genutzt werden.
Das Foil kostet zwischen 600 und 1500 Euro neu, außerdem braucht man noch ein spezielles Board, das ist jedenfalls zu empfehlen. Das Board kostet noch mal rund 600 Euro.
Das geht. Man sollte allerdings darauf achten, ein Pumpfoil zu kaufen.
Hydrofoils sind nicht grundsätzlich gefährlich, wenn man einige Dinge beachtet: Die meisten Verletzungen passieren beim Kontakt mit den oft scharfen Flügelenden. Einige Hersteller haben hier nachgebessert und die Enden abgerundet. Trotzdem sollte man nie durch volle Line-Ups Foilen. Auch einen Helm zu tragen ist sinnvoll. Es kann sein, das einige Surfdestinationen in Zukunft Foils aus dem Wasser verbannen, weil sie vor allem in Kombination mit unerfahrenen Nutzerinnen und anderen Wassersportlern gefährlich sein können.
Super beschrieben, vielen Dank!
Doch meine Frage ist trotzdem welches ist das richtige für mich?
Ich würde gerne für den See sowie das Mittelmeer benutzen? Ich bin 1.73 sowohl 60kg schwer.
ich kann skateboarden und snowboarden – welches wäre das richtige Pumpfoil für mich.
Brett, sowie der Mast? etc.?
Danke!
Hallo Eliza,
vielen Dank für deine Nachricht! Das Board spielt nur eine untergeordnete Rolle und zwischen Mittelmeer und See würde ich auch keinen Unterschied sehen… Oder möchtest du auch Kiten? Was die Flügel angeht: Bei den reinen Pumpfoils ist das “Pump Foil” von Hydrofoil.de eine gute Wahl für Einsteiger*Innen — Es lässt sich leicht starten und braucht nicht viel Energie zum gleiten. https://hydrofoil.de/pages/pumpfoil
Viele Grüße,
Luca